Peer Mediation (Streitschlichtung) ist eine Form der Konfliktbearbeitung, bei der durch spezielle Methoden Konflikte zwischen SchülerInnen in Eigenverantwortung und ohne Gewaltanwendung gelöst werden. Die StreitschlichterInnen sind dabei neutrale Vermittler, die den Streitparteien helfen selbstständige Lösungen für ihren Konflikt zu finden. Mit Hilfe dieses Konfliktlösungsmodells sorgen die StreitschlichterInnen für eine vertrauensvolle, gewaltfreie, kooperative und faire Atmosphäre, die auch auf dem Schulhof und im Unterricht spürbar ist.
Für das Modell der Peer Mediation (Streitschlichtung) an Schulen „sprechen viele Argumente. Konflikte, die im täglichen Leben nicht immer zu umgehen sind, bieten Gelegenheiten zum sozialen Lernen. Da zwischen den Schülerinnen und Schülern kein institutionalisiertes Machtgefüge besteht, werden Lösungen eher gemeinsam erarbeitet und angenommen. Diese Art und Weise der Problembearbeitung entspricht eher dem entwicklungsbedingten Bedürfnis der Jugendlichen, im Zuge der Identitätsfindung Angelegenheiten selbst regeln zu wollen.“[1]
Im Laufe der Zeit hat sich Peer-Mediation zu einem eigenständigen pädagogischen Ansatz entwickelt, der in vielen Schulen angeboten wird und folgende Lernfelder für die Schülerinnen bietet.
Gewaltprävention durch eine kooperative Konflikthaltung
Durch Peer Mediation erwerben SchülerInnen „Einsichten und Fähigkeiten, die ihnen und den anderen das gewaltfreie Überleben und den friedlichen Umgang miteinander ermöglichen.“[2] Diese Möglichkeit Konflikte gewaltfrei und aggressionslos zu lösen, trägt unmittelbar zur Gewaltprävention bei. Ausgangspunkt dafür ist eine kooperative Konflikthaltung. Walker sieht das Primärziel der Mediation in einer derartigen Haltung, bei der Konfliktparteien nicht einander als Problem sehen, sondern gemeinsam eine Lösung suchen.[3] Faller, Kerntke und Wackmann betonen vor allem die „richtige” Sichtweise von Konflikten als wesentlichen Aspekt der Präventionsarbeit: „Nur wenn man Konflikte als etwas Positives betrachtet und konstruktiv mit den entstehenden Konflikten umgeht, kann man in den meisten Fällen Gewalt und Leid verhindern.“[4]
Wird Gewaltprävention als Teil des schulischen Erziehungsauftrags ernst genommen, so erfährt dieser vor allem dadurch seine Konkretisierung, in dem Konflikte wahrgenommen und bearbeitet werden. Hierbei bietet sich Peer-Mediation als vorrangiges Mittel an.[5]
Aufbau sozialer Kompetenz und Förderung der Perspektivenübernahme
Der Aufbau und das Erweitern von sozialen Kompetenzen durch die derPeer Mediation zugrundeliegenden Haltungen, dass ein Konflikt nicht immer mit einem Gewinner und Verlierer enden muss und dass beide Seiten gewinnen können und keiner sein Gesicht zu verlieren braucht, bringen auch eine veränderte Sichtweise von sich selbst und den anderen mit sich[6]. Die Schüler lernen durch Peer-Mediation Kontakte untereinander aufzunehmen, Gefühle wahrzunehmen und auszudrücken, über Aggressionen zu sprechen und soziale Beziehungen einzugehen. Duden sieht in diesem Zusammenhang im „Training und [der] Vermittlung von sozialen Kompetenzen für Schüler, um ihnen den Umgang mit Gleichaltrigen zu erleichtern”[7], eine zentrale Zielsetzung.
Darüber hinaus werden durch Peer-Mediation die Empathie und die Perspektivenübernahme gefördert.[8]Insgesamt lässt sich feststellen: „Ein konstruktiver Umgang mit Konflikten ist für Kinder ein wesentliches Element des sozialen Lernens. Im Bewältigen des Konfliktes liegt ein enormes Wachstumspotential, das es pädagogisch zu nutzen gilt.“[9]
Peer Mediation zur Verbesserung des Schulklimas und als Teil der Schulentwicklung
Die positiven Auswirkungen von Peer-Mediation an einer Schule bleiben zumeist nicht nur auf den Einzelfall und die am aktuellen Konflikt Beteiligten beschränkt, sondern führen ebenfalls zu einer Verbesserung des gesamten Schulklimas. Der englische Pädagoge Tom Leindorfer bringt in diesem Kontext den Begriff „Klima der Hoffnung” für Mediation in der Schule in die Wissenschaft ein. Er beschreibt dabei fünf wesentliche Punkte:
- „ein Klima der Bestätigung schaffen (wertschätzen was jemand ist, nicht, was er macht)
- ein Klima des aktiven Zuhörens schaffen
- ein Klima der Kooperation schaffen
- ein Klima der Problemlösung aufbauen (Probleme und Konflikte als Wachstumspotentiale)
- ein Klima der Menschenrechte aufbauen.“[10]
Lernfeld für den Lebensalltag
Eine wesentliche Argumentation für die Einführung von Peer-Mediation und gleichzeitig eines der am häufigsten genannten Zielsetzungen ist der sogenannte transformative Aspekt. Die Wirkung von Mediation soll nicht auf den schulischen Alltag beschränkt bleiben, sondern auch dazu beitragen Konfliktsituation außerhalb der Schule zu entschärfen und eine friedliche Lösung ermöglichen. Erlernte Verhaltensmuster werden auf Streitfälle im privaten Umfeld übertragen und angewandt. In diesem Zusammenhang wird in der Fachliteratur von der „Nachhaltigkeit“ von Mediation, im Sinne einer andauernden Verhaltensänderung als Ziel von Mediation gesprochen.
Die Implementierung des Projektes im Oktober 2017
Die Implementierung des Projektes Schulmediation wurde nach den Empfehlungen des deutschen Schulpsychologen Schubarth durchgeführt:
Ausbildungsschwerpunkte
Die Schwerpunkte der Ausbildung gliedern sich wie folgt auf:
- Förderung der konstruktiven Kommunikation
- Theorie des Mediationsverfahren und praktische Anwendung
- Die Rolle des Peer Mediators in der Schule
- Übungen mittels Rollenspielen und Gruppenarbeiten
Umsetzung des Projektes:
Es gibt zurzeit 11 Peer Mediatorinnen (Streitschlichterinnen im Alter von 12 bis 14 Jahren) mit Ausbildung an unserer Schule
Begleitende Unterstützung, Weiterbildung und Supervision ab Beginn der Peer Mediationspraxis (Mai 2018) der Streitschlichterinnen.
[1] Lienert 1997, S.13
[2] Engert/Rixius 1996, S. 231
[3] Vgl. Walker 2001, S.55
[4] Faller, Kerntke, Wackmann 1996, S.12
[5] Vgl. dazu Neubauer/Gampe1999, S.176
[6] Vgl. dazu: Hurrlemann/Rixius/Shirp 1999, S.231
[7] Duden 2000, S.12
[8] Vgl. dazu die Untersuchungen von Lane Garon, die im Kapitel 13.7.1 vorgestellt werden.
[9] Faller/ Kerntke/Wackmann 1996, S.12
[10] Faller/Kerntke/Wackmann 1996, S.17
[11] Vgl. Schubarth 2001, S.94ff.